Allein unter Freunden: Meine erste Party als Single-Mom
Ich weiß es noch genau. Es war dieser Samstag im letzten August, an dem ich den ganzen Tag mit meinem Vater meinen neuen Kleiderschrank in meiner neuen Wohnung aufgebaut hatte. Gegessen haben wir absichtlich nicht viel, weil ich ja wusste, ich bin abends auf einer großen Party eingeladen, da wird es sicher viele leckere Sachen geben. Wir haben dann doch länger gebraucht für den Schrank, wie das eben so ist. Ich kam also erst später auf die Party und das Buffet war leider schon leergefegt …. Pech für mich. Na ja, Salzstangen und Flips machen ja auch satt.
Sekt am Stehtisch
Viel emotionaler und schwieriger fand ich es, die einzige Single-Frau unter 25 Familien zu sein. Dass es so kommen würde, war klar. Wer Kinder hat, hat eben viele Freunde mit Familienanhang, das ist völlig logisch. Die Kinder tobten durch den Garten und über das Trampolin und ich dachte bei ihrem Anblick an meinen Sohn, der in diesem Moment nicht bei mir war. Ich schluckte meinen Kloß im Hals herunter und versuchte, die Lage positiv zu sehen: Der Vorteil ist, dass man als Single-Partygast nicht ständig sein Kind im Blick haben muss und sich quasi völlig entspannen kann. Ich goss mir also ein Glas Sekt ein und beteiligte mich an der Unterhaltung am Stehtisch. Es war lustig, die Leute waren nett, es gab genug unverfängliche Gesprächsthemen.
"Und du bist also allein hier?"
Mit einer Mutter führte ich in der Nähe der extra für diesen Abend angemieteten Hüpfburg sogar ein kurzes tiefergehendes Gespräch. Ich erzählte ihr kurz von meiner Trennung. Und dann sagte sie diesen einen Satz. „Ja, aber wenn die Trennung von dir ausging, bist du ja ganz klar im Vorteil. Dann ist das alles für dich ja gar nicht so schlimm.“ Bong. Das war wahrscheinlich nett und aufmunternd gemeint von ihr, ganz bestimmt. Es zeigte mir trotzdem, dass diese sympathische und hübsche Frau Null Komma Null Ahnung von einer Trennung mit Kind hat. Bei dieser ist es nämlich im Prinzip wurscht, von wem der Schritt ausging, schlimm und schmerzhaft ist es immer für alle. Auch wenn der der geht, sich schon länger mit dem Thema beschäftigt hat. Aber wie sollte sie, die Frau auf der Party, es auch anders wissen? Sie hat zwei süße Kinder, einen netten Mann, ein Einfamilienhaus. Sie hat wahrscheinlich noch nie groß über das Thema nachgedacht.
Vielleicht war ich an dem Abend auch einfach etwas emotional angeschlagen. Nach dem langen Schrankaufbau, dem leeren Buffett und dem vielen Smalltalk mit mir bis dato unbekannten Menschen. Die Party war trotzdem schön und ich war vor allem stolz auf mich, dass ich hingegangen bin. Allein auf einer Party unter vielen Unbekannten und noch mehr Familien: erledigt.
Das klappt aber nicht immer
Jetzt, vor ein paar Tagen, war es anders. Ich war wieder eingeladen, diesmal auf einer anderen Gartenparty bei jemand ganz anderem. Ich wusste, auch hier werden die Gäste wieder hauptsächlich Familien sein. Ich war schon fertig angezogen und komplett geschminkt, als ich gemerkt habe: Ich schaffe das heute nicht.
Ich schaffe es heute nicht, diese ganzen glücklichen Paare mit ihren süßen Kindern zu sehen.
Ich schaffe es heute nicht, Smalltalk über belanglose Sachen machen zu müssen, obwohl mir eigentlich gerade ganz andere Themen unter den Nägeln brennen und auf dem Herzen liegen.
Ich schaffe es heute nicht, schon wieder die Single-Frau mit Kind aber gleichzeitig diesmal ohne Kind unter diesen vielen kompletten Familien zu sein.
Ich habe mich abgeschminkt, ausgezogen und mich ins Bett gelegt.
Es ging an diesem Abend einfach nicht.
Beim nächsten Mal wird es wieder gehen.
Aber diesmal ging es nicht.
Auch solche Tage gibt es. Und sie dürfen sein. Sie gehören dazu.
Partys und Geburtstagsfeiern sind jetzt eben anders.
Wer keine Trennung durchgemacht hat, wird das nur schwer nachvollziehen können.
Foto: pixelio.de/Rainer Sturm
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Kommentar von Sarah |
Liebe Christina, ich finde deinen Text berührend und kenne beide Empfindungen gut: manchmal überwiegt das Gefühl „Wow! Was ich alles schaffe. Und mir geht’s sogar richtig gut!“ Dann fühle ich mich auch stark genug, mich z.B. auf die Begegnung mit noch kaum bekannten Menschen einzulassen, meine Stimme zu erheben und für mich und für andere einzutreten. Aber die dünnhäutigen Momente, wie du einen am Ende deines Textes beschreibst, kenne ich auch. Schön, wie du schreibst: „Auch solche Tage gibt es. Und sie dürfen sein.“ Danke für deine schönen Texte, ich lese sie immer wieder gern! :-)
Antwort von Christina Rinkl
Merci für deine nette Rückmeldung liebe Sarah.
Ja, es gibt in der Tat immer wieder beide Momente nach einer Trennung - die starken und die dünnhäutigen.
Beide gehören dazu. Und auch die ganzen Gefühle dazwischen.
Viele Grüße,
Christina
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