Buchtipp: Wenn Ehe und Trennung zum Alptraum werden
Manche Trennungen laufen friedlich ab. Bei anderen ist es schwieriger. Weil schon die Beziehung nicht einfach war. Zu diesem Thema sind in diesem Jahr zwei Bücher erschienen: „Deine Liebe war Gift“ und „Der Feind an meiner Seite“. Zwei Mütter berichten unter Pseudonym von ihrer Ehe mit einem destruktiven Partner. Sicher sind diese Geschichten keine typischen Trennungserfahrungen. Doch beide Bücher sind so fesselnd geschrieben, dass man sie beim Lesen kaum aus der Hand legen kann.
Der Inhalt der beiden Lebensgeschichten ist ähnlich und die Buchcover sind es optisch sogar auch. „Deine Liebe war Gift. Manipuliert und ausgelöscht – wie mein Mann mein Leben fast zerstörte“ ist bei Bastei Lübbe erschienen. „Der Feind an meiner Seite. Wie ich mich aus meiner Ehe mit einem Psychopathen befreite“ im Verlag Eden Books.
Nach der großen Verliebtheit kommen die Verletzungen
Luise lernt Jürgen beim Studium kennen und ist sich sicher, dass sie ihren Traummann getroffen hat. Gut aussehend, redegewandt und charmant. Sie verliebt sich immer stärker in ihn, beide ziehen zusammen und planen ihre gemeinsame Zukunft. Doch als das Baby da ist, zeigt Jürgen sein anderes Gesicht. Er kümmert sich kaum, verletzt Luise mit Worten und irgendwann auch körperlich. Er demütigt sie immer wieder. Auch sexuell. Dass das keine Liebe, sondern Gift ist, kann sie dennoch erst viel später erkennen.
Abwertungen und unzählige Lügen
Ständig sagt ihr Ehemann ihr, wie unattraktiv und hässlich sie sei und lässt Sätze fallen wie: „Unmöglich, wie du dich heute Abend bei unseren Freunden wieder aufgeführt hast! Sie haben gesagt, dass sie dich zum Kotzen finden.“ Dass das gelogen ist, kommt Luise nicht in den Sinn. Sie steckt schon viel zu tief drin in der Negativ-Spirale der ständigen Abwertung, fühlt sich klein und wertlos. Erst mit Hilfe zweier Mutter-Kind-Kuren findet sie langsam wieder zu sich selbst und zu alter Kraft zurück und wagt schlussendlich die Trennung.
Der schöne Schein trügt
Johanna erlebt Ähnliches. Sie verliebt sich in den gutaussehenden, blonden Zahnmedizin-Studenten Rolf, den sie heute als „Feind an meiner Seite“ bezeichnet. Mit ihm bekommt sie zwei Kinder. Rolf ist sehr bedacht auf den schönen Schein, nach außen muss das Haus und die Fassade des Familienlebens mit den hübschen Töchtern perfekt wirken. In Wahrheit betrügt er seine Frau jahrelang mit Prostituierten, feiert Partys ohne Ende, nimmt Drogen, demütigt seine Frau immer wieder.
Johanna wird krank, bekommt einen Hirntumor. Doch auch das übersteht sie, hält fest an ihrem Leben und an ihrer Ehe. Irgendwann beendet Rolf die Beziehung. Und erst dann entwickelt Johanna die Kraft, sich endlich ein eigenes, freies Leben aufzubauen.
Am Boden, ohne Selbstwert
Wer diese Bücher nicht gelesen hat, mag sich fragen, warum diese Frauen nicht schon viel eher ihre Koffer gepackt haben. Die Antworten sind vielschichtig. Vor allem wegen ihrer Kinder, denen sie eine Trennung nicht zumuten wollten. Aber auch wegen sich selbst. Weil beide Mütter jahrelang psychisch und emotional so kleingehalten wurden, dass von ihrem Selbstwertgefühl nicht mehr so gut wie nichts mehr übrig war.
Toxische Beziehung
Was mir an beiden Büchern gefällt ist, dass die Autorinnen ihr Schicksal nicht allein ihren Ex-Partnern in die Schuhe schieben. Beide sehen auch ihren eigenen Anteil an ihrer persönlichen Geschichte, denn ein Partner kann immer nur so weit gehen, wie der andere es eben auch zulässt. Beide haben sich viel zu lange viel zu schlecht behandeln lassen, und das bei ihrenen langjährigen, immer wieder erfolglosen Versuchen, ihre jeweilige toxische Beziehung zu retten.
"Danke für das Coaching"
Johanna bedankt sich am Ende ihres Buchs bei ihrem Ex-Mann. Sie schreibt: „Rolf, danke für das kostenlose Coaching. Durch die Erkenntnisse aus unserer Beziehung werde ich mehr und mehr die Frau, die ich schon als kleines Mädchen sein wollte: frei, selbstbestimmt, unabhängig, glücklich. Durch die Trennung habe ich erlebt, wie stark ich bin, wie tief ich empfinden kann und wie viel das Leben noch für mich bereithält. Ich weiß jetzt, dass ich okay bin, einzigartig und fähig, meinen ganz eigenen Weg zu gehen.“
Der Weg in ein neues Leben
Die Erlebnisse von Johanna und Luise sind sicherlich weder typisch für eine Ehe, noch für eine Trennung. Und dennoch sind sie auch nicht völlig abwegig oder aus der Luft gegriffen. Die beiden Erfahrungsberichte porträtieren, wie viel Stärke Mütter auch in schwierigen und destruktiven Situationen entwickeln können – wenn sie mit Hilfe von außen oder durch eigene Kraft die Entscheidung und den Mut aufbringen für den Weg in ein neues Leben. Was nicht bedeutet, dass ihre Trennung oder die Zeit danach einfach gewesen ist. Aber rückblickend war es für beide Frauen offenbar und letztendlich eine alternativlose Entscheidung.
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Kommentar von Viona_b |
Leider musste ich erst viele blaue Flecken, Vergewaltigung, schlimmste Demütigungen, Verläumdungen, Isolierung etc. über mich ergehen lassen, bis ich schliesslich nach fast 30 Jahren erkannt habe, was er mit mir gemacht hat und dass es ihm stets um seine Macht ging.
Danke, dass Sie aufklären. Das ist genau das, was Frauen in dieser Situationen brauchen.
Wir sind stärker, als wir glauben!
An alle betroffenen Mütter da draussen:
Eure Töchter werden sich vermutlich in der selben Rolle wiederfinden, wenn ihr nichts dagegen unternehmt.
Antwort von Christina Rinkl
Liebe Viona,
vielen Dank für deinen Kommentar.
Du hast völlig recht: Wenn wir nichts gegen Beziehungen dieser Art unternehmen, sind wir unseren Kindern ein schlechtes Vorbild. Nicht nur unseren Töchtern gegenüber, auch unseren Söhnen. Denn auch sie lernen durch uns, wie Beziehungen funktionieren, und schauen sich vieles von ihren Eltenr ab.
Ich hoffe sehr, dass du dich aus dieser destruktiven Beziehung entzwischen erfolgreich befreien konntest. Dir und allen anderen Betroffenen empfehle ich diese Seite im Netz: www.re-empowertment.de
Frauen gegen Partnerschaftsgewalt ist hier das Thema. Darunter fällt eindeutig auch emotionale und verbale Gewalt.
Herzliche Grüße und alles Gute für dich und deine Familie,
Christina
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