Neuanfang nach der Trennung: Artikel in der aktuellen "Brigitte-Mom"
Die Brigitte-Mom kommt nur viermal im Jahr, dafür aber oft mit guten alltagsnahen Texten und beeindruckenden Fotos zum Thema Familie daher. In der aktuellen und vorherigen Ausgabe hat die Zeitschrift das Thema Trennung groß aufgegriffen. In der aktuellen Herbstausgabe kommen vier Mütter zu Wort, die sagen: „Meine Trennung ist das Beste, was mir jemals passieren konnte.“
Steile These auf Seite 1
„Die schlaue Frau sagt Ciao! Dann doch lieber allein“, so wird der Trennungs-Artikel auf Seite 1 angekündigt. Auch wenn der Text insgesamt interessant ist: Diese Überschrift und Sichtweise greift meiner Meinung nach viel zu kurz, denn ganz so simpel ist dieses lebensveränderndes Ereignis Trennung einfach nicht. Ja, ich weiß, Journalisten werden oft dazu angehalten, ihre Artikel auf eine knappe These runterzubrechen, aber diese hier ist mir zu platt und einseitig.
In der Sommer-Ausgabe der Mom hatten verschiedene Frauen davon berichtet, wie es sich als Frau und Mutter angefühlt hat, von ihrem Mann verlassen worden zu sein und (in einigen Fällen) durch eine Jüngere ersetzt worden zu sein. Daraufhin schrieb Ute einen Leserbrief: „Bei mir war es andersrum: Ich habe mich nach langen frustrierenden Jahren vom Vater meiner Kinder getrennt, und es war das Beste, was mir (und den Kindern) passieren konnte. Erzählt doch auch mal von Frauen, die sich befreit haben!“
Trennung nach 20-jähriger Beziehung
Und genau das tut Mom-Autorin Karina Lübke in der aktuellen Ausgabe. Sie berichtet, wie sie sich nach zwanzigjähriger Beziehung von ihrem Mann und Vater ihrer Kinder getrennt hat. Für meinen Geschmack klingst sie dabei eine Spur zu euphemistisch, wenn sie immer wieder betont, wie berauschend gut es ihr jetzt geht und wie viele Leute sie jetzt immer wieder auf ihr neues Strahlen ansprechen. Wie viel Spaß und Freude sie jetzt beim Yoga und Tanzen hat. Leider lässt sie die Schwierigkeiten und herausfordernden Aspekte einer Trennung in ihrem Text komplett außen vor.
Trotzdem ist ihr Artikel interessant und an vielen Stellen auch treffend, zum Beispiel wenn sie schreibt: „Wer über 40 ist, ist alt genug, nicht nur zu ahnen, sondern mitzuerleben, dass es trotz Statistik kein Geburtsrecht auf 80-jähriges Glück und Gesundheit gibt. Es gibt Krankheiten, Unfälle und jede Menge himmelscheinder Ungerechtigkeiten. Man spürt, wie die Zeit immer schneller vergeht, Träume und Chancen mit sich reißt während das ewige Mädchen in uns brav auf Anerkennung ihrer Hochleistung für andere wartet.“
Auch ich durfte vor und während meiner Trennung lernen: Die Zeit bleibt für uns alle nicht stehen. Es kann alles ganz schnell vorbei sein. Wir haben kein Abo auf unser Glück. Ganz im Gegenteil, wir haben alle nur dieses eine kurze Leben, und wer dauerhaft unglücklich ist, darf und sollte etwas daran ändern. Sich selbst und auch seinen Kindern zu Liebe.
"Endlich wieder gute Laune zu Hause"
Nora, eine der anderen Frauen im Artikel gibt zu Protokoll: „Endlich herrscht bei uns zu Hause wieder gute Laune! Wenn ich das hätte kommen sehen, hätte ich mich schon viel früher getrennt.“ Und Iris konstatiert: „Als ich meinem Ex eine Paartherapie vorschlug, lachte er mich aus. Also ging ich allein. So habe ich es geschafft, auszuziehen.“
Jede Trennung hat ihre eigene Geschichte, doch die Dynamiken sind oft ähnlich. An dem Artikel gefällt mir besonders gut, wie Karina Lübke die Reaktionen ihres Umfelds auf ihre Trennung beschreibt. Wenn die anderen ihr wieder mal sagen: „Irgendwann wirst du es bereuen und denken, dass du so einen nie wieder findest“ entgegnet sie ganz entspannt: „Nas, das will ich doch auch hoffen, sonst wäre ja alles umsonst gewesen.“ Herrlich. Für solche Sätze liebe ich die Brigitte-Mom.
Eine Beziehung sollte nicht nur Frust sein
Auch ich habe erlebt: Die eigene Trennung wirft bei vielen Freunden und Bekannten im Umfeld nicht nur Fragen auf, sondern lässt sie offenbar auch ihre eigene Beziehung zumindest im Geheimen noch einmal überdenken. Denn im Alltag einer langen Beziehung reden wir uns ja vieles schön, denken dass bei anderen die Sonne ja auch nicht heller scheint. Dass dieser große Frust miteinander irgendwann ja bestimmt normal und nicht zu ändern ist. Ist er das wirklich?
Heute finde ich: Nein. Niemand sollte eine unglückliche Beziehung auf Dauer ertragen müssen – wenn sie sich nicht verändern lässt, und zwar durch den Einsatz von beiden Beteiligten.
Äußerlich hübsch, aber innerlich leer
Karina Lübke formuliert es so: „Ich stehe unter strenger Beobachtung. Und das zeigt mir, wie viele hier so leben wie ich zuvor – alternde Komfortzonenkinder, äußerlich in Bestform, latent unglücklich, sich das als gesellschaftlichen Normalfall schönredend, sich selber damit sedierend, dass es schließlich allen so gehe.“
Mir gefällt der Artikel. Obwohl ich gerne noch gelesen hätte, was für kleine und größere persönliche Herausforderungen die Autorin auf ihrem Trennungsweg erlebt hat. So wie sie ihre Geschichte aufgeschrieben hat, klingt sie mir zu glatt, zu einseitig, zu zuckrig. Denn alles im Leben hat zwei Seiten. Auch jede Trennung.
Ich begrüße es sehr, dass die Brigitte-Mom dieses wichtige Thema endlich einmal in zwei großen Texten aufgegriffen hat und verschiedene Mütter mit ihren persönlichen Geschichten zu Wort kommen lässt. Denn Trennungen sind nicht nur für die unmittelbar Betroffenen ein essentielles Thema.
Die Ausgabe 3/2019 der Brigitte-Mom ist noch bis zum 25.11. für 4 Euro am Kiosk und in diversen Supermärkten erhältlich.
Viel Spaß beim Lesen!
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