Gastbeitrag: Urlaub mit dem Ex-Partner - kann das gut gehen?
Familienurlaub, einmal anders
Lange hatte ich überlegt, wie und wo ich meinen vierzigsten Geburtstag feiern sollte.
Feiern mit Freunden und Familie?
Ein Wochenendtrip mit meiner Tochter?
Die Entscheidung fiel aber dann doch sehr zügig auf einen Kurzurlaub mit meiner Sechsjährigen.
Nicht, weil ich nicht mit Freunden und Familie feiern wollte. Nein. Es ging mir eher um eine schöne gemeinsame Zeit mit meiner Tochter, die ihre Kindergartenkarriere beendet hatte und nun ein I-Dötzchen ist. Auch das sollte ein kleines bisschen gefeiert werden. Stolzer Papa.
Ziemlich kurzfristig habe ich dann eine Woche Gran Canaria gebucht. Ein wunderschönes Hotel im Süden der Insel. Schon letztes Jahr war ich hierauf aufmerksam geworden. Einfach traumhaft. Ein mehr als geeigneter Ort zum Feiern und Entspannen.
Eine Woche weg - als Vater, Mutter und Kind
Kurz zur Vorgeschichte: Seit über einem Jahr sind meine Ex-Frau und ich geschieden. Wir verstehen uns gut, was gerade zu Beginn der Trennung natürlich nicht immer so war. Wir haben trotz allem noch immer einen gemeinsamen Lebensmittelpunkt und somit ein gemeinsames großes Ziel: Eine glückliche Tochter.
Ich denke es ist sehr wichtig, dass das jedes Elternteil versteht. Egal, wer oder was die Trennung ausgelöst hat. Hier hat Egoismus oder falscher Stolz der Eltern keinen Platz. Die Kinder können am wenigsten dafür, dass bei Mama und Papa etwas schief gelaufen ist.
Unsere 6-jährige Tochter lebt bei ihrer Mama. Ihren Aufenthalt und die Betreuungszeiten (das hört sich irgendwie kalt an) legen wir grundsätzlich nach meinem Schichtdienstplan fest. Somit habe ich einen Betreuungsanteil von etwa 40 Prozent. Meine Ex-Frau ist beruflich öfters unterwegs. Hier kann dann die Oma unterstützen. Diesen Luxus haben leider nicht viele. Und das ist meiner Meinung nach wirklich ein Luxus.
Wieder zu dritt: Urlaub mal anders
Der Urlaub rückte immer näher. Und umso näher er kam, umso häufiger kam unsere Tochter mit der Frage zu uns, ob Mama mit uns fliegen könne und möchte. Nicht, weil das der erste Urlaub ohne ihre Mutter sein sollte. Nein. Unsere Tochter ist sehr urlaubserprobt - auch mit nur einem Elternteil. Ich denke, es hatte eher mit ihrer Entwicklung und der Tatsache zu tun, dass meine Ex-Frau und ich uns gut verstehen.
Große Gedanken, ob man nochmal gemeinsam einen Urlaub verbringen könnte, und ob wir so etwas mal umsetzen sollten, hatten wir uns bis dahin nicht gemacht. Ein getrenntes Ehepaar in einem gemeinsamen Urlaub? Geht das gut? Nach einigen Jahren der Trennung wieder eine Woche am Stück miteinander „leben“? Für die meisten völlig absurd.
Und was sagt das Kind dazu?
Uns war ziemlich schnell klar: das sollte funktionieren. Aber welches Signal würden wir unserer Tochter hiermit senden? Werden Mama und Papa wieder ein Paar? Ziehe ich wieder zu Hause ein? Vielleicht sogar in das Spielzimmer, welches meine Tochter mir schon so oft angeboten hatte?
Schon weit im Vorfeld, schon Jahre und Monate zuvor und immer mal wieder, erklärten wir unserer Tochter, dass wir uns getrennt viel besser verstehen als ein Paar, welches zusammenlebt. Schwer für ein Kind dies zu verstehen. Aber immer wenn dies Thema für unsere Tochter war, nahmen wir uns viel Zeit, um es ihr zu erklären.
Hierzu gibt es natürlich keine Anleitung und kein „Rezept“. Hier muss individuell auf das Thema eingegangen werden. Und das ist jedesmal aufs Neue schwierig und auch herzzerbrechend.
Überraschung für die Tochter
Meine Ex-Frau buchte also ein zusätzliches Einzelzimmer sowie die passenden Flüge. Unserer Tochter sagten wir hiervon aber erstmal nichts. Wir wollten sie überraschen.
Zwei Tage vor Urlaubsantritt erzählte meine Ex-Frau unserer Tochter dann, dass sie mit uns reisen wird. Die Freude war groß. Anfangs jedoch konnte die Kleine den Gedanken noch nicht so richtig greifen, dass Mama mitfliegt. Aber von Stunde zu Stunde wuchs ihre Freude über den gemeinsamen Kurzurlaub.
Anstoßen im Zug
Am frühen Morgen des Abflugtags, welcher gleichzeitig mein Geburtstag war, ging es mit dem Zug ab zum Flughafen. Hier haben wir erstmal mit Sekt und Limo angestoßen. Die weitere Anreise war entspannt und unproblematisch.
Im Hotel angekommen, unsere getrennten Zimmer bezogen, erwartete uns ein paradiesisches Flair und ein wunderbares Abendessen. Passend zu einem runden Geburtstag. Zusammen ließen wir den Tag feierlich ausklingen.
Die nächsten Tage wechselten sich ab mit Spaß und Entspannung am Pool und Meer. Auch kleine Shoppingtouren und etwas Sightseeing haben wir während unseres Kurztrips unternommen. Hier war es von Vorteil, als Eltern zu zweit zu sein. So konnte jeder auch mal etwas Zeit für sich genießen, während beispielsweise Mama und Tochter on Tour waren. Natürlich gab es auch Tochter-Vater Aktivitäten.
Es kann tatsächlich funktionieren
Die Zeit verging wie im Flug und der letzte Abend stand vor der Tür. Nach dem Abendessen ließen wir die Woche Revue passieren und waren uns einig, dass es eine gelungene Woche für uns alle war.
Ja. Ein gemeinsamer Urlaub eines getrennten Elternpaares mit Kind kann funktionieren. Hier muss aber jeder für sich abwägen, ob es Sinn macht. Vor allem für das oder die Kinder.
Foto: Michael Büscher/pixelio.de
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Kommentar von Sarah |
Ein sehr interessanter Artikel - vielen Dank dafür!
Mich würde interessieren, mit welchem Gefühl ihr mit etwas Abstand auf diese Reise seht. Bleibt es tatsächlich für euch beide ein (einmaliges) schönes und rein freundschaftliches Erlebnis, oder war es für euch alle drei nach dieser - offensichtlich harmonischen - Woche doch schwierig, wieder in den Alltag als getrennt lebende Familie zurückzukehren?
Ich habe auf meinem Blog einmal einen Artikel zu einer ähnlichen Thematik veröffentlicht: https://mutter-und-sohn.blog/2018/05/22/sex-aeh-zoo-mit-dem-ex/ Vielleicht hast du ja Lust, diesen, aus deinen Erfahrungen heraus, zu kommentieren?
@ Christina: Evtl. könntest du deinen Freund auf meine Antwort hier im Blog aufmerksam machen, falls er sie nicht ohnehin liest?
Danke und herzliche Grüße
Sarah (in meinem Blog unter Pseudonym „Sunnybee“)
Antwort von Christina Rinkl
Danke für deinen Kommentar, Sarah.
Ich hab mal nachgehört. Er schreibt:
Hallo Sarah,
mit etwas Abstand auf diese Reise kann man sagen, es war ein schönes Ereignis auf freundschaftlicher Basis. Vor allem aber hat sich unsere Tochter wohlgefühlt. Sie hat es natürlich genossen, von Mama und Papa gleichzeitig umgeben zu sein und verwöhnt zu werden.
Trotz der harmonischen Woche hat auch jeder wieder schnell in seinen Alltag zurückgefunden.
Wir blicken jetzt auf eine erfahrungsreiche und schöne Woche zurück.
Ob es eine einmalige Reise bleiben wird?
Ich denke, sobald neue Partner ins Leben treten, wird es wohl (erstmal) so sein, dass es sich um ein eimaliges Ereignis gehandelt hat. Hier wird es auf die Gesamtsituation und die einzelnen Menschen ankommen. Nicht jeder neue Partner würde so etwas akzeptieren.
Viele Grüße.
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